Neil MacGregor, der ehemalige Direktor des Britischen Museums, vermittelt Geschichte gerne über Objekte (s. Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten). Diesem Prinzip bleibt er auch in Germany: Memories of a Nation (Penguin, 2016) treu, welches ebenso wie das erste, über den Umweg als Podcast, eine Ausstellung des Britischen Museums begleitet hat. Anhand einiger Ausstellungsstücke, spezifischen Ereignissen, Gebäuden und Personen erzählt MacGregor hier die Geschichte des Landes, der Entwicklung vom der Kleinstaaterei hin zum heutigen Deutschland.
Dabei haben mich die vielen positiven Kommentare überrascht, vor allem über unseren Umgang mit der NS- und Kriegs-Vergangenheit. Gleich am Anfang sagt MacGregor, dass Monumente in Deutschland ganz anders sind, als in anderen Ländern. Als Beispiel nennt er das Siegestor in München. Auf der einen Seite scheint es ein ganz normaler Triumphbogen zu sein, so wie der Wellington Memorial Arch in London oder der Arc de Triomphe in Paris. Wo auf der einen Seite klassische Reliefs zu finden sind und die Inschrift „Dem Bayrischen Heere“, dessen Leistungen hier ursprünglich geehrt werden sollten, ist die andere Seite blank. Der Bogen wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt. Statt ihn wieder in den Originalzustand zu versetzen – und dabei weiter den Krieg zu verherrlichen – entschieden sich die Münchener für eine andere Aussage mit der Inschrift: „Dem Sieg geweiht, vom Krieg zerstört, zum Frieden mahnend“.
Mir ist selbst aufgefallen, dass ich z.B. die Erinnerungsfeiern der Briten zum Ersten Weltkrieg vor kurzem eher befremdlich fand. Denn trotz getragener Stimmung und Trauer, waren es immer noch Feiern. Mit Pathos, großem Tamtam und Helden und so. Ich habe gelernt, dass jeder Krieg furchtbar ist, dass es dabei nichts, aber auch gar nichts zu feiern gibt. Und als Konfliktlösungsmethode ist er sowieso völlig ungeeignet. Eine Bekannte aus Polen sagte vor kurzem, dass sie die Deutschen dafür schätzt, dass sie sich wirklich mit ihrer Geschichte auseinandergesetzt haben. So ähnlich drückt das MacGregor in seinem Buch auch aus. Ich fürchte nur, dass die Zeit des Vergessens und Verdrängens der dunkleren Erinnerungen langsam eingesetzt hat. Die Ausstellung im Britischen Museum fand vor dem Aufstieg von AfD, Pegida & Co. statt, und so klingen auch die letzten Worte im Buch mit dem Blick in die Zukunft vielleicht ein bisschen zu optimistisch.
The view from outside
Neil MacGregor, the former director of the British Museum, likes to mediate history through objects (cf. A History of the World in 100 Objects). He remains true to this principle in Germany: Memories of a Nation (Penguin, 2016), which accompanied, just as the first one, via a detour as a podcast, an exhibition at the British Museum. With the help of some exhibits, specific events, buildings or persons, he puts spotlights on the country’s history, its development from a conglomerate of small states to today’s Germany.
The many positive commentaries came as a surprise to me, especially about how we are handling our Nazi and general war legacy. Right at the beginning, MacGregor states that monuments are quite special in Germany compared to other countries. As an example he names the Siegestor arch in Munich. From one side, it looks like any other triumphal arc commemorating some sort of feat of war, such as the Wellington Memorial Arch in London or the Arc de Triomphe in Paris. The side shows reliefs in the classical style and the inscription “Dem Bayrischen Heere” (“To the Bavarian Army”) as you would expect, the other side is blank, however. It was damaged during the Second World War. Instead of restoring it to its former state – and thus continuing to glorify war – the people of Munich decided to convey a different message with the inscription: „Dem Sieg geweiht, vom Krieg zerstört, zum Frieden mahnend” (“Dedicated to victory, destroyed by war, urging peace.”).
I myself found the festivities to remember the First World War in the UK recently quite strange, for example. Despite a solemn mood and a show of mourning, they remained festivities. With pathos, tam-tam, heroes and such. I learned that any war is abominable, that there is nothing whatsoever to celebrate. And that is does not serve as a way to solve problems at all. An acquaintance from Poland recently noted that she values the Germans for their sincere examination of their own past, and MacGregor puts it similarly in his book. I am afraid, however, that the time of forgetting and suppressing some of the darker memories has set in. The exhibition at the British Museum took place before the rise of nationalist movements such as AfD, Pegida & Co., and so the final words of the book, looking into the future, sound maybe a bit too optimistic.