Parallelgesellschaft

9780099558774Wohin eine Parallelgesellschaft führen kann, das habe ich vor kurzem in Paula Lichtarowiczs The First Book of Calamity Leek, erschienen 2013 bei Hutchinson, gelesen. Man folgt der Ich-Erzählerin in eine Welt mit seltsamen Traditionen, Überlieferungen, Wortneuschöpfungen und wägt sich zunächst in einem Fantasy-Universum. Doch die Geschehnisse, die in dem Buch mit dem tollen Einband erzählt werden – deshalb habe ich es auch als zweites Buch für mein £5,00-Paket ausgesucht – spielen in einer Welt, die der unseren so nah ist, wie jeder andere ‚realistische‘ Roman auch.

Das Thema der Indoktrination einer Gruppe von Mädchen, die von der Außenwelt abgeschnitten sind, ist so aktuell wie nie. Trotzdem kann ich keine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen. Der Zugang zu der inneren Anderswelt fällt ziemlich schwer, und irgendwie bleibt das Gefühl zurück, dass der Stoff so viel mehr Potential gehabt hätte.

Parallel society

I recently read in Paula Lichtarowicz’s The First Book of Calamity Leek, published in 2013 by Hutchinson, what a parallel society can lead to. If you follow the first person narrator into this world with strange traditions, mythology, neologisms, you initially believe you have entered a fantasy universe. But the events which unfold in the book with the wonderful cover – which is why I chose it as the second one for the £5.00 package – are set in a world that is a close to ours as any other in a ‘realistic’ novel.

The topic of indoctrination, of a group of girls who grow up isolated, is as current as you can get. Still, I cannot utter a full endorsement. The access to the inner other world of the narrator is pretty difficult, and I am somehow left with the feeling that the substance matter has far more potential.

Streik? Nicht bei uns.

Wir haben Glück mit unserer Kinzigtalbahn. Die hat wohl kaum Lokführer, die der GDL angeschlossen sind. Denn sowohl diesmal als auch in den vorherigen Streiks ist kaum ein Zug ausgefallen. Schon gar nicht die Pendlerzüge. Bei mir lief alles prima, alles pünktlich.

Das einzige auffällige Zeichen von Streik gab es beim Postamt am Hauptbahnhof. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

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Um eine Nasenlänge verspätet

426px-Artificial_nose,_17th-18th_century._(9663809400)Durchsage meines Lieblingsschaffners – eine echte südhessische Frohnatur – neulich in Hanau: “Lieber Fahrgast in der Mitte des Zuges. Bitte die Nase rein, damit die Tür zu geht und wir weiterfahren können.“

Delayed by a nose

Announcement by my favourite conductor – who has a strong southern Hessian dialect and is always merry – recently in Hanau: “My dear passenger in the middle of the train. Please reel in your nose so that the door can close and we can continue our journey.”

Bild/Picture: Nasenprothese aus dem 17./18. Jahrhundert von / Artificial nose from the 17th/18th century by Mrjohncummings (CC BY-SA 2.0)

Zombies vs. Mein schöner Garten

Ende letzter Woche im Zug nach Frankfurt. Ich sitze auf einem der sich gegenüberliegenden Vierersitze. Ganz bieder angezogen, weil ich heute einen Termin zum Lunch im Hessischen Hof habe. Mir gegenüber sitzt ein Mann, Ü40, gepflegt, aber ein bisschen wild. Mit Tattoos und schwarzen Klamotten. Auf dem Weg zur Musikmesse. Neben ihm ein junger Kerl, evtl. Student. Der schaut sich meine Lektüre an und lächelt leicht. Dann packt der wilde Musiker seine Zuglektüre aus, und der junge Mann fängt an breit zu grinsen. World War Z vs. „Mein schöner Garten“.

wwzÜbers Wochenende habe ich Max Brooks „Augenzeugenberichte“ aus dem Kampf gegen die Zombieinvasion dann fertiggelesen. Ich bin total begeistert. Hatte mich auf einen Horror- oder gar Splatter-Thriller eingestellt und bekam einen hochaktuellen Roman über (inter)nationale Mentalitäten serviert. Sehr plausible „Was wäre wenn?“-Szenarien, die zeigen was wo in der Welt heute nicht in Ordnung ist. Ok, manch ein geopolitischer Konflikt oder Staatsoberhaupt hat sich seit der Ersterscheinung des Buches 2006 leicht verändert – ich sag mal Krim und Obama – aber das lenkt nicht wirklich vom eigentlichen Thema um die unterschiedlichen nationalen Befindlichkeiten ab. Das schaffen nicht mal die Zombies.

Sehr interessant übrigens, dass die Deutschen die Zombies mit Wasserwerfern in Schach halten. Wahrscheinlich wusste Brooks schon damals, dass auf das G36 kein Verlass ist.

Zombies vs. Mein schöner Garten

At the end of last week on the train to Frankfurt. I am sitting in one of the opposing four-seaters. Dressed very respectable today as I have a lunch meeting at posh hotel Hessischer Hof. Opposite me is a man in his forties, dapper but a little wild, with tattoos and in black clothes. On his way to Musikmesse (music fair). Next to him is a young guy, could be a student. He looks at what I’m reading and smiles slightly. Then the wild musician takes out his train reading and the young man starts grinning broadly. World War Z vs. “Mein schöner Garten” (“My beautiful garden”, a gardening magazine).

Over the weekend, I finished Max Brooks’ “Oral History of the Zombie War“. And I am totally enthusiastic. I was expecting a horror or splatter thriller but what I got was a highly topical novel on (inter)national mentalities. Very plausible “what if?”-scenarios that show what is not right in the world today. Ok, some geopolitical conflicts or head of states have changed since the first publication of the book in 2006 – I’ll mention the Crimea and Obama – but that does not detract from the fundamental message about different national sensitivities. Not even the zombies succeed in that.

Found it interesting, by the way, that the Germans are keeping the zombies in check with water cannons. Brooks probably already knew back then that the G36 is not dependable.

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Mein schöner Garten – ist eine Wildnis / My beautiful garden – is a wilderness

In der Hitze von Oxford

…habe ich im Sommer einen brandneuen Buchladen entdeckt. Auf dem Weg zu einem Treffen mit einem Dutzend Internetbekanntschaften, von denen ich vorher noch keinen persönlich getroffen hatte, lag er da plötzlich linker Hand, auf der Walton Street. Die Regale waren noch nicht überall fertig eingeräumt, es standen noch jede Menge Kisten herum. Und zu diesem chaotischen Beginn, gab es erst mal zwei Bücher für £5,00.

isbn9781473206717-detailPhilip K. Dicks A Scanner Darkly, 1999 in der SF Masterworks-Reihe von Gollancz neu aufgelegt, ist mir gleich ins Auge gesprungen. Wegen „Blade Runner“, natürlich. Im ‚dunklen Schirm‘ (so der deutsche Titel) geht es um Überwachungsstaat und Drogenprobleme in einer amerikanischen Zukunftsvision. Klingt als Thema ganz aktuell, aber die Form der Überwachung, die sich Dick 1977 ausgedacht hat, wirkt heute doch etwas überaltert. Dafür hat die Degeneration des Ich-Erzählers nichts von ihrer Wirkung verloren.

Buch Nummer eins war also schnell ausgesucht; die Auswahl des Zweiten hat dann ein bisschen mehr Zeit in Anspruch genommen. Dazu später mehr. Zu meinem Treffen kam ich dann ein paar Minuten zu spät. Aber Bücher sind unter Tolkien-Fans – wer hätte es anders sein können – eine problemlos akzeptierte Entschuldigung.

In the heat of Oxford

…I found a brand new bookstore this summer. On my way to a meeting with a dozen people I only knew through the Internet and had never seen in real life before, it suddenly lay there on the left-hand side on Walton Street. The shelves had not been fully stacked yet, a lot of boxes were standing around. And in this chaotic beginning, two books were sold for £5.00.

I chose Philip K. Dick’s A Scanner Darkly, reissued in the SF Masterworks series by Gollancz in 1999, pretty quickly, mainly due to “Blade Runner”, of course. The novel deals with surveillance by the state and large-scale drug problems in a future vision of the US. The themes sound pretty topical but the form of surveillance Dick envisioned in 1977 seems a bit outdated today. The degeneration of the first person narrator, however, hasn’t lost any of its poignancy.

Book number one was thus quickly chosen; number two took a little more time. More on that one later. I was a little late for my meeting, by the way. But books are always a well-received apology among Tolkien fans – who else could they have been?

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Das Ashmolean hatte die passende Kleidung zu den Außentemperaturen / The Ashmolean displayed the right outfit for the temperatures

 

5 Minuten mehr Vorbereitung macht 10 Minuten Verspätung?

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Der übliche Anblick: Leere auf Gleis 6 – aber heute ist alles anders

Es ist 17:10 Uhr, als ich am Frankfurter Hauptbahnhof ankomme, um mich von dort auf den Heimweg zu machen. Der RE 50 steht bereits auf Gleis 6. Interessant, eigentlich hat er erst um 17:15 Uhr Einfahrt. Und noch interessanter: auf der Anzeige stehen bereits jetzt zehn Minuten Verspätung für die Abfahrt.

Der Zug fährt tatsächlich ‚pünktlich‘ mit zehn Minuten Verspätung ab und es gibt eine Durchsage: „Der RE nach Fulda hat heute zehn Minuten Verspätung. Grund dafür ist die verspätete Bereitstellung.“ Wenn die Bereitstellung mit mindestens fünf Minuten Vorsprung auf die üblichen 11 Minuten nicht reicht, dann war wohl was anderes faul. Oder fällt vielleicht das Zugpersonal auch unter Bereitstellung? Vielleicht hat da einer gefehlt. Wieder mal eine dieser kleinen Kuriositäten in freier WildBahn.

Bild: Blick in die mittlere Bahnsteighalle von Urmelbeauftragter (CC BY-SA 3.0)

Des einen Mathom ist des anderen Schatzzz

Beim Tolkien Thing der DTG gibt es jedes Jahr eine Mathom-Versteigerung. Für alle die, deren Lektüre des Herrn der Ringe schon eine Weile her ist: Mathoms, das sind Geschenke, die sich Hobbits bei Geburtstagen überreichen (wo übrigens die Gäste die Beschenkten sind), und die dann auf jedem Geburtstag weiterverschenkt werden, ohne einen willigen Besitzer zu finden, sozusagen. Für besonders lange zirkulierende Mathoms gibt es in Michelbinge sogar ein entsprechendes Museum.

Bei der Mathom-Versteigerung beim Tolkien Thing kommt alles zum Thema Tolkien und Fantasy unter den Hammer, denn des einen Mathom kann ja bekanntlich des anderen Schatzzz sein. Der Erlös aus der Versteigerung kommt dem Verein zugute.

8ce6cf3d6c90e0a2b8530442228545a9Beim letzten Thing habe ich Sylvia Townsend Warners The Kingdoms of Elfin ersteigert. Eine Sammlung amüsanter Kurzgeschichten aus diversen Elfen- oder im deutschen wohl besser: Elbenreichen. Denn es handelt sich dabei nicht um kleine niedliche geflügelte Naturgeisterchen, die in Pilzen wohnen und Blütenkelche als Hüte tragen, sondern um gefährlichere Wesen, die in der ‚echten‘ Fäerie leben. Elfen nach Tolkiens Schlag eben. Ich ringe noch mit mir, ob ich den Band beim diesjährigen Thing wieder in den Mathom-Kreislauf geben soll. Macht sich im Regal eigentlich ganz nett.

A mathom for one, a preciousss for the other

A mathom auction is held each year at the Tolkien Thing event of the German Tolkien Society DTG. For all those who haven’t read The Lord of the Rings in a while: mathoms are gifts at hobbit birthdays (where the guests receive them) that are repeatedly given away, without finding a willing owner, so to say. For especially long circulating mathoms, there is even a museum in Michel Delving.

At the mathom auction at Tolkien Thing, all things Tolkien and fantasy are coming under the hammer. Cause one person’s mathom may be another one’s preciousss, of course. The earnings from the auction are donated to the society.

At last year’s Thing, I won the bid on Sylvia Townsend Warner’s Kingdoms of Elfin. A collection of amusing short stories set in various elven kingdoms. And we are talking ‘real’ and dangerous Fäerie here, not your tiny flittering Buttercups. Elves after Tolkien’s own heart. I am still debating with myself whether or not to put the book back into this year’s circle of mathoms. I quite like the way it looks on my shelf.

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Mathoms beim/at Tolkien Thing (Foto/Photo: Ulrich Hacke)

 

Die Tücken des modernen Arbeitsplatzes

Letzte Woche im Zug mal wieder ein spannendes Gespräch belauscht. Also, echt jetzt. Ohne Ironie.

Da erzählt ein junger Mann einer jungen Frau von seinem Arbeitsplatz im modernen Großraumbüro. Alles von den Architekten und Bauherren voll durchdacht. Alles voll automatisiert. Luftzirkulation, Abwärme der Monitore, alles genau berechnet, so dass man keine Heizung mehr braucht. Damals, so vor vier-fünf Jahren.

Dass sich die Technik innerhalb der Büros rapide ändert, daran hat man nicht gedacht. Die großen Monitore sind durch Flachbildschirme ersetzt, bzw. ganz abgeschafft, weil der Arbeitnehmer morgens aus seinem Spind den Laptop mitnimmt an den Arbeitsplatz – natürlich kein fester, denn es wird hot desking betrieben, um einmal Plätze einzusparen, für die die eh grade nicht da oder im Homeoffice sind und die Leute untereinander kreativ zu mischen („Das funktioniert übrigens überhaupt nicht“, sagt der Mann. „Die Abteilungen sitzen genauso zusammen wie früher auch.“). Der Laptop strahlt lange nicht so viel Wärme ab, wie die Monitore, mit denen eigentlich geheizt werden sollte. Was im Winter wohl dazu führt, dass die Arbeitnehmer in Jacken im Büro sitzen.

Kommt es nur mir so vor, oder überholen sich diese ganzen hippen New Work Spaces gerade selbst so schnell von hinten, dass man mit dem guten alten Büro mit Fenster zum Öffnen, einer Heizung zum Aufdrehen und einem festen Sitzplatz mittlerweile gar nicht mehr so uncool ist?

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Bild: Mozilla Workspaces, London von Mozilla in Europe (CC BY 2.0)

 

Sorry, kein Karl May Fan

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Karl May 1907 (Foto von Erwin Raupp)

Ein paar meiner Leser haben mich bereits gefragt, ob ich Karl May Fan bin. Wegen des Blog-Titels. Der ist ganz sicher eine Anspielung auf dessen Durchs wilde Kurdistan, das einzige seiner Werke, welches ich vollständig gelesen habe. Vielleicht ein paar Jahre zu spät. Viele meiner Freunde hatten seine Abenteuerromane bereits als Kinder verschlungen, ich las das Buch erst im späten Teenageralter. Vielleicht war es auch einfach die falsche Geschichte. Jedenfalls war ich nicht so übermäßig begeistert und habe mir die restlichen deshalb geschenkt. Es gab ja die tollen Filme, damals, da habe ich mich einfach auf andere Lektüre konzentriert.